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Mutterschaft ist ein gewichtiges Thema, das Frauen unmittelbar mit gesellschaftlichen Zwängen, eigenen Ansprüchen und den Rollenerwartungen ihres Umfelds konfrontiert. Um die Vielschichtigkeit dieser lebensverändernden Entscheidung zu verdeutlichen, habe ich junge Frauen gebeten, ihre Sicht auf das Thema anonym in Gastbeiträgen zu vermitteln. Sie laden dazu ein, über eigene Muster und Denkweisen zu reflektieren.

 

Nach der dritten Fehlgeburt habe ich gespürt, dass mein Weg zum eigenen Kind hier zu Ende ist. Noch einmal wollte ich das meinem Körper, meiner Seele und meiner Beziehung nicht zumuten. Ich beschloss, Abschied von meinem Kinderwunsch zu nehmen.

Ganz so einfach war das natürlich nicht: Zuerst war da die Trauer um die drei kleinen Menschen, deren Herzschlag ich jeweils schon am Bildschirm des Ultraschallgerätes gesehen hatte, die aber dann einfach nicht auf die Welt hatten kommen wollten. Ich las Unmengen an Fachliteratur und besuchte eine Selbsthilfegruppe für Eltern von Sternenkindern. Der Austausch dort war sehr berührend und es tat gut, der Trauer Raum geben zu können. Allerdings stellte ich bald fest, dass die Gespräche eigentlich immer auf eines hinausliefen: „Wie kann ich möglichst bald wieder schwanger werden und schwanger bleiben?“ bzw. „Welche Möglichkeiten gibt es sonst noch, an ein eigenes Kind zu kommen?“. Ich wurde überschüttet mit guten Ratschlägen und Erfahrungsberichten, bekam die Telefonnummer einer Eizellen-Bank in Tschechien in die Hand gedrückt und hörte Geschichten von Pflegekindern, die sich „ganz normal“ entwickelt hätten.

Ich konnte mich in all dem nicht wiederfinden, fühlte mich fehl am Platz und fast wie eine Verräterin unter den vielen Frauen und wenigen Männern, die zwar traurig, aber trotzdem voll der „guten Hoffnung“ waren. Niemand konnte verstehen, dass ich meinen Kinderwunsch „einfach so“ aufgeben wollte. Zuhause, im familienfreundlichen Neubaugebiet am Stadtrand, sah ich plötzlich überall nur mehr glückliche Mütter und Väter, die am Spielplatz in der Sonne saßen und miteinander tratschten. Ich saß zuhause und fühlte mich unglaublich allein.

Ich bin überzeugt davon, dass es auch ohne Kind(er) möglich ist, ein glückliches und sinnvolles Leben zu führen. Eigentlich bin ich sogar gerne unabhängig und schätze Zeit für mich und das, was mir wichtig ist. Als kinderlose Frau ist es aber nicht leicht, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Keine Kinder zu haben gilt v.a. bei Frauen immer noch als Mangel. Man wird bemitleidet, bevormundet, oft nicht ganz für voll genommen, kann bei vielen Gesprächen nicht mitreden.

Ich träume von einem Netzwerk kinderloser Frauen, die ihre Erfahrungen, Sorgen und Lebensentwürfe miteinander teilen, die sich gegenseitig auf ihrem Weg bestärken und unterstützen und vor allem: die einander so annehmen, wie sie sind – egal, ob gewollt oder ungewollt kinderlos.